1. FASTENSONNTAG

EVANGELIUM nach Lk (4,1-13):

 

Alle größeren Religionsgemeinschaften haben eine Fastenzeit mit dem gleichen Ziel: Besinnung auf den Glauben und Überprüfung der persönlichen Lebensführung. Es gilt, sich selbst deutlich und ehrlich zu betrachten und die persönliche Beziehung zu Gott und zum Mitmenschen wieder einmal genauer zu beurteilen, um Veränderungen und Erneuerungen vorzunehmen, wo es nötig ist.

Bei seiner Taufe hat Jesus eine ganz tiefe Erfahrung gemacht: Er fühlt sich total von Gott ergriffen, fühlt wie Gott in ihm wirkt (also: Gottes Geist wirkt in ihm). Er wird sich einer ganz besonderen Beziehung zu Gott bewusst, die mit den Worten umschreiben wird: „Du bist mein geliebter Sohn.“

Diese Erfahrung treibt Jesus in die Wüste, in die Einsamkeit, in die Stille. Er muss das verarbeiten, muss sich darüber im Klaren werden, was diese Erfahrung für ihn bedeutet. Welche Konsequenzen hat das für ihn? Wenn Gott so zu ihm steht, wie kann und muss er dann leben, welche Grundentscheidungen muss er für sein Leben treffen?

Er darf nicht den Versuchungen erliegen, mit denen jeder Mensch ringen muss. Es sind Ursehnsüchte, deren Erfüllung einen Menschen nur scheinbar befriedigt und sättigt. Dieser innere Kampf wird im Evangelium schön bildlich durch eine Szene mit dem Teufel dargestellt. Unser Wort „Teufel“ kommt vom griechischen „Diabolos“ und heißt: „Versucher, Verwirrer, Durcheinanderwerfer“. Ich muss mich entscheiden zwischen natürlichen Neigungen und moralischen Werten. Ich fühle mich verwirrt, gespalten, entzweit. Ich muss mich da durchringen.

Jesus macht die Erfahrung: Wenn ich so eine besondere Beziehung zu Gott habe, von Gott eine ganz besondere Aufgabe bekommen habe, dann darf es nicht mein wichtigstes Ziel sein, nur die materiellen Bedürfnisse (von mir selbst und von anderen) zu befriedigen. Der Mensch lebt nicht von Brot allein, sondern auch von dem, was Gott uns verspricht.

Wenn Gott so zu mir steht, dann kann und darf meine ganze Lebensweise und -einstellung nicht darauf gerichtet sein, Macht und Einfluss zu haben, viel zu besitzen und über andere zu herrschen. Diese Dinge sind nicht mein „Gott“. Ich stehe im Dienst eines anderen Gottes.

Und der Gipfel der Versuchungen Jesu ist es, die Zusagen von Gott, dass er zu ihm steht, zu hinterfragen, zu testen: „Wenn du, Gott, so für mich da bist und dich um mich sorgst, dann beweise das, indem du dafür sorgst, dass mir nichts passiert, wenn ich von der 50m hohen Tempelmauer hinunterspringe.“ Gott zu testen, auf die Probe zu stellen, wäre der Höhepunkt einer falschen Vertrauensbeziehung zu Gott. Jesus ist herausgefordert, seinen Anspruch und sein Gottesverständnis radikal zu hinterfragen und richtig zu stellen. Und er widersteht der Versuchung, da falsche Wege zu gehen.

Ist das nicht der Sinn der Fastenzeit? Geht es nicht darum, sich - wie Jesus - „in die Wüste“ zurückzuziehen, einiges in meinem Leben zurückzustellen (darauf zu ‘verzichten’), damit ich mich auf die wesentlichen Dinge meines Lebens konzentrieren kann? Wovon lebe ich eigentlich? Worum dreht sich mein Leben? Wie Gott zu mir steht, weiß ich. Aber wie stehe ich zu Gott? Steht er nur am Rande, oder in der Mitte meines Lebens? Welche Art von Beziehung habe ich zu ihm? Wie wichtig ist er mir? Wie hat Paulus in der heutigen Lesung gesagt: „Wer an Christus glaubt, der weiß: Gott ist mir ganz nahe in seinem Wort; es ist in meinem Mund und in meinem Herzen“ ? Und wie sagt es der Prophet Jesaja: „Wer wirklich glaubt und sein Vertrauen auf Gott setzt, wird nicht verloren gehen“? Was muss sich diesbezüglich in meinem Leben ändern? Welche Korrekturen muss ich anbringen? Möchte ich wirklich „fasten“, meine Beziehung zu Gott „festigen“?

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